Schinkelschule

Die Schinkelschule war von 1840 bis Ende des 19. Jahrhunderts ein deutscher Architekturstil. Mehrere Generationen von Berliner Architekten wurden zwischen 1840 und dem Ende des 19. Jahrhunderts unter dem Begriff Schinkelschule zusammengefasst. Unter ihnen sind zum Teil direkte Studenten und Mitarbeiter von Karl Friedrich Schinkel, wie Ludwig Persius, Friedrich August Stüler und Carl Scheppig gezählt, ebenso wie Absolventen von Schinkels Berliner Bauakademie, die im Schinkel zwar lebten, aber nie als Lehrer arbeiteten. Die Schinkel-Schule, nach ihren stilistischen Segmentbögen auch Berliner Rundbogenarchitektur genannt, stand immer in Konflikt mit der gegenständlichen Architektur der emanzipatorischen Bourgeoisie der preußischen Hauptstadt und späteren deutschen Reichsstadt. Es war falsch, es mit vielen anderen Zeitgenossen mit der offiziellen Neo-Renaissance-Architektur zu vergleichen, die von der École nationale supérieure des beaux-arts de Paris inspiriert wurde, die lächerlich gemacht und als arm oder brüchig beschrieben wurde. Hauptsächlich für säkulare Zwecke wie Schulen, Bahnhöfe, Kasernen und Fabriken genutzt, sieht er heute in der Zeit eines triumphalen, verspielten Historismus und damit eines Pioniers der frühen Moderne von Peter Behrens einen Träger von Schinkels Idee einer reduzierten, funktionalen Architektur und Hermann Muthesius.

Prototypen und Blueprints
Schinkels erstes Gebäude, das man als Prototyp der späteren Schinkelschule bezeichnen kann, war das Lehr- und Kasernengebäude des Lehrturms in der Berliner Lindenstraße. Dem Leuchtturm am Kap Arkona, der Friedrichwerder Kirche und dem Packhof hinter dem Alten Museum folgten weitere komplett aus Ziegeln gebaute Gebäude.

Schinkel entdeckte ein seit vierhundert Jahren nicht mehr genutztes Material seit der brandenburgischen Backsteingotik. Er bezog sich gleichzeitig auf Gebäude der Vergangenheit, wie die Marienburg und die Gebäude der italienischen Renaissance, sowie das moderne englische Industriegebäude, das er in Manchester getroffen hatte. Schinkel sah viele Vorteile im Ziegelstein. Er wollte das Handwerk fördern, denn unter den Putzschichten wurde oft schlampig gearbeitet, wenn Wandwände, die beim Abblättern des Putzes hässlich aussahen. Ein Backsteinbau musste jedoch sauber ausgeführt werden, denn jede Ungenauigkeit war sofort sichtbar, aber auch nach Jahren verlor das Gebäude nichts von seiner Schönheit. Gleichzeitig erforderten die Standardisierung und der geringe Maßstab der Steine ​​sowie das präzise Zusammenspiel mit den Formsteinen eine präzise Vorbereitung in der Steinproduktion und der Planung der Architekten. Schinkel war zu Beginn mit zahllosen Problemen konfrontiert: Die Beschaffung von geeignetem Ton erwies sich als schwierig, viel technisches Wissen war verloren gegangen und die Brennöfen konnten keine einheitliche Farbe und Oberfläche garantieren, was die Herstellung von Formsteinen fast zur Folge hatte unmöglich. Er fand einen Meister, mit dem Schinkel seine Ideen in Tobias Christoph Feilner umsetzen konnte, und arbeitete später eng mit dem Feilner-Schüler Ernst March zusammen.

Das Schulgebäude der Schinkel-Schüler, die Berliner Bauakademie am Friedrichswerder, ist eher eine Blaupause als ein Prototyp für die spätere Entwicklung. Wer auf die Qualität der Steine ​​und Glasuren, die sichere Verwendung von Formsteinen und Terrakottafliesen achtet, könnte leicht zu dem Schluss kommen, dass diese Entwicklung bereits am Ende und Höhepunkt ist. Tatsächlich befand sich Schinkel jedoch in einem permanenten Kampf, um den Künstlern die Errungenschaften zu entreißen, die er vorhatte. Bis Mitte der sechziger Jahre des neunzehnten Jahrhunderts blieb die Produktion von unterschiedlicher Qualität.

Mit Blick auf das wenige Schritte entfernte Rote Rathaus hat die Ziegelproduktion der Friedrichswerder Kirche, in der die Steine ​​noch sehr spärlich sind, die neu gebaute Ecke der Bauakademie in das neue Rathaus übernommen wird offensichtlich. In den folgenden Jahren wurde es für die Architekten immer schwieriger, das richtige Gleichgewicht zu halten, ebenso wie das Angebot, das die Terrakotta-Hersteller in ihren Katalogen anbieten.

Eigenschaften und Entwicklung
Das Hauptmerkmal der Gebäude der Schinkelschule ist ihre Ausführung in Ziegeln, die kubischen Strukturen, oft in einer Art additivem System komponiert, die Verwendung verschiedenfarbiger glasierter Steine, die reiche Verwendung von Kieselsteinen und Terrakotta, die sorgfältig entworfen und strukturiert sind Fassade, das Segment Bogenfenster für großzügige Belichtung der Innenräume, vor allem in Fabrikgebäuden, sowie das Flachdach. Ein passender Ausdruck für die Architektur der Schinkelschule ist die „hellenistische Romantik“.

Die fünf Phasen der Entwicklung der Schinkelschule

1817-1840: Karl Friedrich Schinkel entwirft eine Reihe von Gebäuden aus Ziegelsteinen, die exemplarisch für die spätere Ziegelarchitektur stehen.
1830-1848: Friedrich August Stüler, der in Berlin arbeitet, und Ludwig Persius, der sich auf Potsdam konzentriert, beherrschen die erste Phase. Viele Gebäude werden noch in Zusammenarbeit mit Schinkel selbst gebaut. Dazu gehören die Berliner Bauakademie und das Stadttheater in Frankfurt (Oder), entworfen von Schinkels Schüler Emil Flaminius.
1848-1866: In der postrevolutionären Phase gibt es einen Stilkonflikt mit der von der Bourgeoisie favorisierten Neorenaissance.
1866-1871: In der vorimperialen Zeit entwickeln Karl Bötticher, Heino Schmieden und Martin Gropius die tektonische Polychromie. Es gibt viele Bahnhöfe für die Berliner Bahn.
1871-1890: Im neu gegründeten Kaiserreich gerät die Schinkelschule unter Druck von öffentlichen Ausschreibungen, Architekten anderer Schulen, die nach Berlin eilen, und einer repräsentativen Architektur, die für die kaiserliche Hauptstadt benötigt wird. In dieser kritischen Zeit übernimmt Stadtarchitekt Hermann Blankenstein die Leitung der Berliner Bauabteilung. Er entwirft und baut zahlreiche funktionale Gebäude, die im Stil der Schinkelschule ausgeführt sind, darunter mehr als 120 Schulen, Krankenhäuser, Markthallen und Kirchen.

Schinkelschule und Neorenaissance
Nach der gescheiterten Revolution von 1848 nahm die Emanzipation der preußischen Bourgeoisie eine neue Richtung. Sie musste dem Adel die wichtigsten politischen Positionen im Staat überlassen, aber in der florierenden Wirtschaft war er bald weit voraus und wollte dies in der Architektur zeigen. Die Gebäude der Renaissance dienten als Vorbild, da sie in der Renaissance mit ihrem Interesse an den Naturwissenschaften, dem Aufstieg des Handels und der Künste, den Entwicklungen des 19. Jahrhunderts entsprachen. Ein besonderes Beispiel ist Friedrich Hitzigs Berliner Börse, die sich mit einer großen Geste in der unmittelbaren Umgebung des Schlosses profiliert. Nach der Reichsgründung 1871 musste Berlin zur Reichshauptstadt umgebaut werden. Interessanterweise importierte dies den „École des Beaux Art“ -Stil von geschlagenem Frankreich. Gegen diese Einflüsse musste die subtile, strenge und zurückhaltende Schinkelschule die ganze Zeit bestehen. Am Ende waren es Martin Gropius und Heino Schmieden, die vor allem mit ihrem vorbildlichen Kunstgewerbemuseum die Schinkelschule nach 1866 aus der Krise herausführten.

Boetticher, Gropius und die tektonische Polychromie
Schon unter Schinkel war es zu einer Verwissenschaftlichung der Architektur gekommen. Anstatt die antike Architektur erst nach Kupferstichen in Büchern zu studieren, ist sie nun zu den Ausgrabungsstätten gereist und hat dort Vor-Ort-Untersuchungen durchgeführt. Die Engländer James Stuart und Nicholas Revett hatten einen besonderen Einfluss auf ihre Arbeit The Antiquities of Athens.

Unter dem Bauakademie-Lehrer Karl Bötticher wurde diese Entwicklung beschleunigt. Er erarbeitete einen umfangreichen Anforderungskatalog: So konnte die Akanthuspflanze nur an Elementen mit tragender Funktion eingesetzt werden, Rosetten nur dort, wo Teile (z. B. mit Nägeln) am Gebäude angebracht waren, Bandmotive hatte eine verbindende Funktion zu symbolisieren , Kymatia musste als komprimierte Blattwellen nur dort montiert werden, wo gewichtsmäßig Druck ausgeübt wurde, Ornamente sollten nicht nur leicht übernommen werden, sondern immer selbst entworfen und neu gestaltet werden.

Viele Kritiker aus den Reihen der Historiker beklagten sich bei Böttichern über eine Verengung der Vorstellungskraft. Als in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Bautätigkeit in Berlin als hektisch bezeichnet werden konnte, führte der Bau und die Regulierung der Bauakademie bei aller Planungsschnelligkeit, Entscheidungs- und Bauqualität zu einem gleichbleibend hohen Qualitätsstandard . In diesem Bestreben der Schinkelstudenten ist auch eine ständiges Suchen nach Inhalt, Inhalt und Form entsprechend zu bringen, was sich später in den Theorien und Werken der Klassischen Moderne wiederfinden lässt.

Liste von Gebäuden und Architekten
römische Bäder 1829-1840 Ludwig Persius Potsdam / Sanssouci
Heilandskirche 1841-1844 Ludwig Persius Potsdam / Sacrow
Dampfmaschinenhaus im Park Babelsberg 1843-1845 Ludwig Persius Potsdam-Babelsberg
Dampfmaschinenhaus „Moschee“ 1841-1843 Ludwig Persius Potsdam
Belvedere am Pfingstberg 1847-1863 Ludwig Persius / Friedrich August Stüler / Ludwig Ferdinand Hesse Potsdam
Siegeszug 1851 Friedrich August Stüler / Ludwig Ferdinand Hesse Potsdam / Sanssouci
Friedenskirche 1845-1848 Ludwig Persius / Friedrich August Stüler / Ludwig Ferdinand Hesse Potsdam / Sanssouci
Orangerieschloss 1851-1864 Friedrich August Stüler / Ludwig Ferdinand Hesse Potsdam / Sanssouci
Bornstedter Kirche 1854-1856 Friedrich August Stüler Potsdam
Kronenhof Bornstedt 1846-1848 Johann Heinrich Haeberlin Potsdam
Fasanerie 1842 Ludwig Persius Potsdam / Sanssouci
Schloss Babelsberg 1835-1849 Karl Friedrich Schinkel / Ludwig Persius / Johann Heinrich Strack Potsdam-Babelsberg
Meierei im Neuen Garten 1843-1844 Ludwig Persius Potsdam
Gebäude / Berlin Jahr Architekt Ort
Palast von Prinz Charles von Preußen 1827 Friedrich August Stüler / Carl Scheppig Berlin
St. Peter und Paul 1834-1837 Friedrich August Stüler / Albert Dietrich Schadow Berlin-Zehlendorf Nikolskoe
St. John’s Kirche 1835-1857 KF Schinkel / Friedrich August Stüler Berlin-Moabit
neues Museum 1843-1855 Friedrich August Stüler Museumsinsel Berlin-Mitte
St. Jacobi Kirche 1844-1845 Friedrich August Stüler Berlin / Oranienstr.
St. Matthäus-Kirche 1844-1846 Friedrich August Stüler Kulturforum Berlin-Tiergarten
Krankenhaus Bethanien 1845-1847 Ludwig Persius / Theodor Stein / Friedrich August Stüler Berlin-Kreuzberg
Domkandidatenstift 1858-1874 Friedrich August Stüler / Stüve Berlin-Mitte Oranienburger Straße
Klosterhof im Park Glienicke 1850 Ferdinand von Arnim Berlin-Zehlendorf / Glienicke
St. Marien auf Behnitz 1848 August Soller Berlin-Spandau
St. Michael Kirche 1851 August Soller Berliner Zentrum
Arkaden der Borsig-Fabrik 1858-1860 Johann Heinrich Strack Berlin-Mitte Chausseestraße
Neue Synagoge 1866 Eduard Knoblauch Berlin-Mitte Oranienburger Straße
St. Thomas Kirche 1869 Friedrich Adler Berlin-Kreuzberg
Rotes Rathaus 1861-1869 Hermann Friedrich Waesemann Berliner Zentrum
Hauptkadettenanstalt 1871-1878 Ferdinand Fleischinger Berliner Lichtfeld
Strafgericht Moabit und Zellenblock 1877-1882 Heinrich Herrmann Berlin-Moabit
Zionskirche 1873 August Orth Berlin-Mitte Zionskirchplatz
Anhalter Bahnhof 1872-1880 Franz Heinrich Schwechten Berlin-Kreuzberg
Baracken des 3. Garde-Regiments zu Fuß 1874-1878 Otto Heimersdinger Berlin-Kreuzberg
Joachimsthaler Gymnasium 1875-1879 Johann Heinrich Strack Berlin-Wilmersdorf
S-Bahnhof Hackescher Markt (ehem. Börse) 1878-1882 Johannes Vollmer Berliner Zentrum
Martin-Gropius-Bau / ehemaliges Kunstgewerbemuseum 1881 Martin Gropius und Heino Schmieden Berlin-Kreuzberg
Geschäftshaus der Markthalle III (Zimmerstraße) 1886 Hermann Blankenstein Berliner Zentrum
Markthalle VI (Ackerstraße) 1886-1888 Hermann Blankenstein Berliner Zentrum
Krankenhaus Am Urban 1887-1890 Hermann Blankenstein Berlin-Kreuzberg
Markthalle X (Arminiusstraße) 1890-1891 Hermann Blankenstein Berlin-Moabit
Postfuhramt 1875-1881 Carl Schwatlo Berlin-Mitte Oranienburger Straße