Entustuckung (manchmal auch Abstutzung) ist die bewusste Beseitigung von Stuckdekorationen an Gebäuden. Von ca. 1920 bis 1975 wurde vor allem in Deutschland von Fassaden und Innenräumen aus der Anfangszeit des als „liegend“ wahrgenommenen Gips-Stuck-Dekors abgerissen. Die Fassaden sollten fortan keine aufwendigen Sandsteinfassaden mehr nachahmen, sondern sparsam zeigen, dann wurde meist glatt verputzt.

Anfänge
Die theoretische Grundlage für die Entstammung wurde vor dem Ersten Weltkrieg gelegt. Aus den Kreisen der Kunst- und Architekturreformbewegung um Adolf Loos, Hermann Muthesius oder Paul Schultze-Naumburg wurde bereits um 1900 massive Kritik an den zum Teil industriell gefertigten Schmuckelementen im nachgeahmten Gotik-, Renaissance-, Barock-, Rokoko- oder Klassizismus ausgeübt In der Gründerzeit waren die Fassaden verziert. Vor allem wurde der Stuck auf Mietskasernen als Verheimlichung der miserablen sozialen Bedingungen gebrandmarkt. Auf künstlerischer Ebene war eine große Anzahl von Stuckfassaden an Gebäuden der Epoche um 1880 bis 1910 vom Eklektizismus, also vom Eklektizismus, beeinflusst. H. aus der Mischung mehrerer historischer Stile an einem Gebäude. Nach 1910 galt die Stilmischung als frivol und die historische Stuckfassade zunehmend disqualifiziert. Diese Haltung wurde bis in die 1960er Jahre zu einem universellen Merkmal der deutschen Architekturkritik. Allerdings kann der zunächst bewusst vom Baugewerbe entbundene Bau auch für eine Industriebau gelten: Peter Behrens wurde 1911 von der erst wenige Jahre zuvor erbauten „Alten Fabrik für Eisenbahnmaterialien“ AEG in der Voltastraße in Berlin-Gesundbrunnen das in Klinkerausführung abgetragen Ziegeldekor.

De-stemming und neues Gebäude
Mit der aktiven Entfernung des Dekors in größerem Stil wurde jedoch erst in den 1920er Jahren in Berlin begonnen. Pioniere der De-Inszenierung waren Architekten des Neubaus wie Erich Mendelsohn oder die Brüder Hans und Wassili Luckhardt, aber auch ältere Architekten wie Peter Behrens oder Richard Riemerschmid. Einige ihrer Fassadenänderungen waren in der Gestaltung sehr bemerkenswert und wurden von den jeweiligen Architekten als eigenständige Gebäude wahrgenommen. Von Berlin aus verbreitete sich die Entstörung, gefördert durch Artikel in den wichtigsten Architekturzeitschriften, als städtebauliches Modell in ganz Deutschland.

Erschöpfung und „Diffamierung“ zur Zeit des Nationalsozialismus
Während der Zeit des Nationalsozialismus lebte und propagierte das Dekonstruktionsmodell vor allem kleine Städte und Dörfer. Im Rahmen der sogenannten „Verleumdung“ wurde versucht, ganze Straßen, Plätze und Ensembles aus dem späten 19. Jahrhundert zu befreien. Eine zentrale Rolle spielte dabei der Architekt und Hausmeister Werner Lindner. Ein Vorzeigeprojekt der „Diffamierung“ war die Semlowerstrasse in Stralsund.

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Höhepunkt in den 1950er Jahren
Ihre Erschöpfung erreichte ihren quantitativen Höhepunkt jedoch erst nach 1945, als in fast allen deutschen Städten die Formen der Gründerzeit als miteinander in Konflikt geraten waren. Allein in Berlin-Kreuzberg, einem der größten Gründerzeitquartiere Europas, wurde der Stuck bis 1979 um rund 1.400 Häuser abgerissen. Vielfach wurden jedoch Stuckfassaden an Gebäuden, die den Krieg überstanden hatten, leicht beschädigt, aber auch ein Sicherheitsrisiko , denn immer wieder zerbröselten Fassadenteile und die Eigentümer für eine professionelle Sanierung von Fassaden in der unmittelbaren Nachkriegszeit hatten keine finanziellen Mittel.

Bemerkenswerterweise wurde in dieser Zeit die Entstammung sowohl in West- als auch in Ostdeutschland in Serie produziert, während in Nachbarländern wie Frankreich oder Italien das Phänomen weitgehend unbekannt war und ist.

Ende der Demolition seit den 1960er Jahren
Seit den frühen 1960er Jahren begann die Kritik gegen die Entstörung zu regnen. Bereits 1964 wandte sich der Berliner Architekt und Stadtplaner Werner Düttmann gegen das massive Abschlagen der Stuckverzierungen. In diesem Zusammenhang kommt dem Erscheinen des polemischen Bildbandes Die ermordete Stadt des Journalisten Wolf Jobst Siedler und der Fotografin Elisabeth Niggemeyer 1964 eine besondere Bedeutung zu. Die Entspannungskritik basierte zunächst auf der Neubewertung der Errungenschaften des Historismus auf dem Gebiet der Architektur. Außerdem wurde kritisiert, dass Gebäude, die einst mit einer Stuckfassade errichtet wurden, infolge der Entstörung ihre historische Authentizität verlieren, d. das heißt, sie sind nicht mehr sofort als Gebäude einer bestimmten Architekturepoche erkennbar. Aus diesem Grund werden stuckverzierte Häuser von den Laien aufgrund ihrer glatten Putzfassaden oft fälschlicherweise den 1950er Jahren zugeordnet. Auch aus rein ästhetischer Sicht erscheinen unzusammenhängende Bauten oft unbefriedigend, da die Fassaden als Träger von Ornamenten konzipiert wurden und nach dem Abtrag oft durch den Verlust ihrer Struktur unverhältnismäßig erscheinen. Seit den 1970er Jahren wurde die Gründerzeit durch die Denkmalpflege, aber auch in der Öffentlichkeit immer mehr wiederentdeckt. In der Folge wurde die Entstörung vielerorts verboten, indem die Fassaden aufgeführt wurden. Teilweise wurden auch entstickte Fassaden wieder freigelegt oder rekonstruiert.

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